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Was ein Baum über Einheit in Vielfalt lehrt

Angedacht zum Weiterdenken

 

Auf unserem Campingplatz am Thunersee steht ein besonderer Baum. Ich nenne ihn den „Dreieinigkeitsbaum“. Warum? Der Baum besteht eigentlich aus drei Bäumen, zwei Buchen und einer Eiche. Sie bilden eine gemeinsame Krone. Das fasziniert mich! Jedes Mal, wenn ich den Baum bewusst betrachte, erinnert er mich an mein „Herzensthema“ Inklusion. Ich komme ins Nachdenken über uns Menschen, das Miteinander in Kirche und Gesellschaft und über das Geheimnis Gottes.

 
 

Ulf Liedke, ein deutscher Inklusionsexperte, bringt den Ausgangspunkt meiner Gedanken zum besonderen Baum gut auf den Punkt:

„In Gott selbst existiert ein Gegenüber, mehr noch: in diesem Gegenüber sind die drei göttlichen Seinsweisen so aufeinander bezogen, dass ihre jeweilige Identität gewahrt bleibt und sie sich zugleich aufeinander beziehen und in einander existieren (...) Inklusion erscheint in diesem ersten Zusammenhang als Implikat der Relationalität Gottes. Gott existiert in der wechselseitigen Beziehung seiner drei Seinsweisen so, dass sich Vater, Sohn und Heiliger Geist in der Verschiedenheit gegenüber stehen und zugleich eine Gemeinschaft bilden. Im trinitarischen Sein Gottes ist Exklusion ausgeschlossen.“*
 

 

Diese Einheit in Vielfalt zieht sich in den biblischen Texten durch und charakterisiert auch die christliche Gemeinschaft. Zum Beispeil schreibt der Apostel Paulus den Christen in der griechischen Stadt Korinth:

„Denkt zum Vergleich an den menschlichen Körper! Er stellt eine Einheit dar, die aus vielen Teilen besteht; oder andersherum betrachtet: Er setzt sich aus vielen Teilen zusammen, die alle miteinander ein zusammenhängendes Ganzes bilden. Genauso ist es bei Christus. (...) vielmehr soll es das gemeinsame Anliegen aller Teile sein, füreinander zu sorgen. Wenn ein Teil des Körpers leidet, leiden alle anderen mit, und wenn ein Teil geehrt wird, ist das auch für alle anderen ein Anlass zur Freude.“**

Allerdings war diese vielfältiges Miteinander bereits in biblischer Zeitrechnung herausgefordert und gefährdet, zum Beispiel durch fehlende Rücksichtnahme, ausufernder Egoismus oder mangelnde Integrität (vergleiche Apostelgeschichte 5,1-11, Römerbrief 14,1-23 und 1. Korintherbrief 11,17-34).

 
 

Diese theologischen Überlegungen lassen sich mindestens teilweise auch auf den alltäglichen Umgang mit der Vielfalt der Menschen in der ganzen Gesellschaft übertragen. Das Potenzial der menschlichen Vielfalt ist groß, die damit verbundenen Herausforderungen allerdings auch.

Welche Gedanken gehen Ihnen durch den Kopf, wenn Sie diesen Baum sehen?

 

Quellen:

* Ulf Liedke, Inklusion in theologischer Perspektive, in Liedke, Ulf & Kunz, Ralph (Hg.), Handbuch Inklusion in der Kirchengemeinde, 2013, Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, S. 34.

** 1. Korintherbrief 12,12.25-26, Neue Genfer Übersetzung, 2013, Genf: Genfer Bibelgesellschaft.

 

Fotos: © Oliver Merz.

 

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